Entmenschlichung

Willst Du nun sagen, es gäbe Mörder, die als Mörder geboren sind,
Folterer, die als Folterer geboren sind,
Idealisten, die kreuzigen, quälen und hinrichten können,
einfach so, weil es ihrem Naturell entspricht?
Ist es so einfach?
Ist es nicht ein Prozess hin zu dem stetig wachsenden Gefühl,
man sei eine höhere Form des Menschseins,
ein Übermensch, mehr Mensch als andere?
Diese Erhöhung in Gedanken, verfestigt durch Gleichgesinnte und Bestätigung
ist es, die letztlich zur Entmenschlichung anderer führt.
Ideologisches Morden ist nicht persönlich gemeint.
Es ist eine Strategie, die aus unbekannten Mitmenschen
Nicht-Menschen macht.
Und Du sagst, du bist davor gefeit?
Ist der Mensch nicht eitel, strebt er nicht nach eigenem Vorteil,
Ehre und Macht, Übermenschlichkeit, Bessermenschlichkeit,
Göttlichkeit vielleicht?
Was ist ein Mensch?
Wie bestimmst Du seinen Wert?
Ist nicht alles gefärbt von Eitelkeit, Gruppendynamik und persönlichem Vorteil?
Weshalb
führt Überheblichkeit
nicht zu Fürsorge und Schutz der vermeintlich Schwächeren?
Ganz klar: Weil Überheblichkeit keinen Funken Wahrheit enthält.

Er schrieb nach Hause:
Wir erschießen täglich so viele. Sie sagten, ich würde es lernen,
ich müsse nur aufhören, in ihnen Menschen zu sehen. Keine Menschen,
nein, es sind Feinde.

Das war damals.

Und er schließt sich denen an, die „heilig“ und „Krieg“ rufen und Sinn gefunden zu haben scheinen. Und er schreibt überhaupt nicht mehr nach Hause, weil er seinen Krieg gefunden hat.

Das ist heute.

Die Strategie ist dieselbe geblieben. Schwer durchschaubar, wenn man davon ausgeht, dass Hass die Motivation sein muss.

Hinterlasse einen Kommentar