unerfüllt

Das ist die Sehnsucht,
die nichts kostet,
weil sie selbstgemacht ist,
weil sie sich aus kreisenden Erinnerungen speist.
Das ist die Sehnsucht,
die niemals erfüllt werden darf,
weil sie dann stirbt.
Das ist die Sehnsucht,
die idealisiert, was man nicht haben kann,
die träumen lässt, was es nicht gibt,
die nur liebt, wenn sie unerfüllt bleibt.

ohne Namen

Warum schreibst Du eigentlich kein Buch?
Ein Buch?
Ja, einen Roman vielleicht…
Ich glaube, das wäre mir zu intim.
Zu intim? Intimer als ein Blog??
Hier habe ich wenigstens die Möglichkeit, es wieder zu löschen.
Illusion!
Schon… aber sie reicht, um entspannte Selbstdarstellung zu betreiben.

Die Postkarte

Da lag sie. Auf dem Tisch. Eine Aufforderung, sie unmittelbar zurückzusenden. Andernfalls sähe man sich gezwungen, andere Maßnahmen einzuleiten.
Was für ein Witz!
Sie lachte. Aber es klang bitter und überhaupt nicht heiter.
„Ich werde das sicherlich nicht tun“, sagte sie in den Raum, „ich lasse mich sicher nicht erpressen.“
Die Freundin, die an dem Tisch saß und ein Kreuzworträtsel löste, blickte kurz auf: „Was?“
Nur eine Postkarte. Sie einfach zurückschicken und damit signalisieren, daß alles in Ordnung ist.
Der Staat, der mitdenkt, der sich kümmert und sorgt.
Ein Staat, der eingreift, der sich einmischt.
Danke nein.
„Andere Maßnahmen… gehöre ich jetzt zu denen, die man beobachten muß, ja?“ fragte sie aufgebracht.
„Ist doch nur ne Postkarte“, meinte die Freundin, „das ist doch keine große Sache. Ich nehm sie nachher mit zum Briefkasten, wenn Du magst, dann sparst Du den Weg.“
„Absurd!“ schnaubte sie weiter, „das, was die bestätigt haben wollen, tat ich eh, weil es MIR am Herzen lag. Aber unter diesen Umständen sehe ich mich gegängelt und bevormundet. Eine Erinnerung hätte ich verstanden oder eine Aufforderung, die ich ablehnen kann, aber einen Befehl? So nicht! Ich bin erwachsen, ich bin ein freier Mensch, ich lasse mich nicht überwachen, lasse mich nicht zum Objekt degradieren!“
„Und wenn die Konsequenzen überhaupt nicht im Verhältnis zu diesem kleinen Gang zum Briefkasten stehen?“ fragte die Freundin versöhnlich.
„Dann erst recht nicht“, antwortete sie kompromißlos, „in einem solchen Land möchte ich nicht leben. Und vielleicht muß auch ich dann Konsequenzen ziehen, die nicht im Verhältnis stehen.“

Das Auto ist voll beladen, die Wohnung gekündigt, die Möbel verkauft und die letzten Zahlungen geregelt, die Konten leer und ebenfalls aufgelöst. Das war keine Sache von Wochen. Alles wegen einer Postkarte…
„Tschüß“, sagt sie und fährt langsam los, läßt Heimat hinter sich, fährt auf die Autobahn, Richtung Süden, gibt Gas, läßt die Fenster herunter und schreit: „FREIHEIT!“

Traumtyp

Ich habe alles von Dir gelesen. Mehrmals. Habe jedes Bild von Dir gesehen, mich in jedes Foto verliebt. Jedes Zuzwinkern von Dir habe ich mir in Träumen in Endlosschleifen gelegt, jedes Anlächeln hat mich ständig beglückt. Ich sehnte mich nach Deiner Nähe und malte sie mir leuchtend aus, so leuchtend, daß Du nie im Leben an sie heranreichen kannst. Ich redete mir ein, daß ich an Deiner Seite sein will. Ich träumte von Küssen und Zukunft und Kindern.
Ich habe Dir einen Charakter erschaffen – zieh doch bitte ein.

Meine Einladung ist Selbstverletzung.
Willst Du in meinem Kopf und Herz bleiben, mußt Du sie ausschlagen.
Willst Du Realität werden und mir mein Herz brechen – küss mich.