aufwachend

Ich bin
durch das lange Gefühl
der Sinnlosigkeit
gegangen.
Ich habe
mich stumpf gefühlt
und sinnfrei
und leer.
Wie alle.
Obwohl ich bewusst
berufen war
zum Leben.

Ich fühle
mich noch immer
unsicher
und zu unwissend
und zu nichtssagend
und winzig klein.
Aber ich bin

kein Schattenwesen mehr.
Meine Farben
wandeln sich täglich
von verborgenem Grau
in Pastell.

Ein Schleier
aus Ängstlichkeit
umgibt mich
noch.
Wenn er zerreißt,
werde ich bunt
und bunter,
sichtbar
und sichtbarer.

Darum halte ich ihn noch so fest.
Denn ebenso sehr wie ich mich darüber freue,
so bunt zu sein und erfüllt und lebend,
so sehr fürchte ich mich doch davor,
voll da zu sein,
Position beziehen zu müssen
– und davor,
ausgegrenzt zu werden
aus allem altbekannten Grauen.

Farbe

Die Ideen strömten wieder kurzfristig, aber sie waren genial. Und ich im Stress und eigentlich überhaupt nicht aufgeschlossen. Aber ach, was solls. Ich holte Farben und Pinsel und Zeitungen und Pappdeckel und eine lange Papierrolle und breitete mich aus. Dickflüssig aufgetragen, geschwungen vermalt. Versunken.
Das war schon viel zu lange her. Ich wünschte mir als Boden keine Fliesen, kein Parkett, sondern Sperrholz und an den Wänden keine bodentiefen Fenster, keine Tapeten, sondern blindes Glas und Rigibs. Und Oberlicht. Ein Atelier, eine Werkstatt, in der es immer nach Farben riecht und in der es nicht darauf ankommt, ob der Boden Gelbsprenkeln erhält.
Aber man kann nicht alles haben.
In Farben und Pinselstrichen finde ich etwas von mir wieder.
Das Mischen der gewollten Farben beherrsche ich noch immer perfekt. Ich sehe sie lange bevor sie mir vom Pinsel tropfen schon vor mir in ihren Teilen.
In der Sonne trocknen meine meterlangen Papierbahnen.
Ich hatte überhaupt keine Zeit zum Malen.
Aber dann ging es mir so gut von der Hand, gab mir Energie zurück, die ich anderswo brauchte und ich verlor die Zeit, die ich nicht hatte, überhaupt nicht.

Gefühlsfarben

Blau ist das Haus am See.
Blau ist der Himmel im Sommer.
Blau ist das tiefe Meer.
Blau ist der Blick ins Glas.
Blau sind die Finger im Winter.

Rot ist die blühende Rose.
Rot ist Dein schöner Mund.
Rot ist das Blut meines Fingers.
Rot ist die Feuerglut.
Rot sind die heissen Wangen.

Gelb ist die Fahrbahnmarkierung.
Gelb ist die Ampel im nu.
Gelb ist der Kerzenschimmer.
Gelb ist der Kanarienvogel.
Gelb sind die wunschlosen Träume.

Grün ist die Hoffnung auf Leben.
Grün ist der Frühling ganz bald.
Grün ist ein Zeichen für Gehen.
Grün ist der Absinth.
Grün ist meine Liebe zu Dir.