kaufen

Du kannst mir Geschenke machen,
aber Du kannst meine Freundschaft nicht kaufen.
Denn ich bin blind
und kann nicht erkennen,
wann Schenken nicht Teilen, sondern kaufen ist.
Denn ich selbst schenke gerne,
so völlig aus freien Stücken
und erwarte dabei höchstens Deine Freude.
Du brauchst also nicht in mich zu investieren,
denn meine Freundschaft
ist unbezahlbar. Und kostenlos.

undefiniert

Wie lange habe ich nichts von ihm gehört?
Monate? Oder bloß Wochen?
Ich könnte nichts davon beschwören,
nicht annähernd.
Die Zeit verfließt so,
das Zeitgefühl zieht mit.
Aber plötzlich vermisse ich.
Und ich frage mich,
ob ich ihm mal schreiben soll.
Entscheide mich nicht dafür und nicht dagegen.
Die Nacht schreibt eine SMS,
die ich am Morgen schon vergessen habe.
22 Stunden denke ich nicht an ihn.
Dann schreibt er
und ich freue mich so übertrieben sehr!
Es ist, als hätte ich 22 Stunden gewartet.

Wichtigkeiten

Wäre er nicht mein Freund gewesen,
wäre er einfach gegangen
aus meinem Leben
und ich hätte mich bereichert gefühlt
und nicht verlassen.

Ist er mein Freund gewesen,
wenn ich kaum bemerke,
dass er verschwunden ist,
und mich in der Summe
weder bereichert
noch verlassen fühle?

ausgesprochen

Ist es nicht verwunderlich,
dass ich mich die ganze Zeit über als gute, seine beste Freundin fühlte,
sowas wie Liebe oder gar Liebe empfand, verströmte und empfing,
und es sich doch,
obwohl sich NICHTS änderte,
noch ein bisschen erhabener anfühlte, als er mich Freundin nannte?

Wie wir Freunde wurden

Selten kann man sagen, woran es lag, dass man einander näher kam, in einen Gleichklang geriet und füreinander an Bedeutung gewann. Ich hatte nichts im Sinn als wir uns das erste Mal begegneten und redeten. Ich sah Dir nicht hinter die Fassade, sah in Dir lediglich eine Leinwand für meine Selbstdarstellung. Ich wollte nicht viel von Dir. Nur einen Lebensmoment, nur Deinen Blick auf mich fokussiert für eine kleine Weile.
Irgendwann begannst Du von Musik zu reden, die Dich berührt.
Irgendwann sprachst Du von Deinen Exfreundinnen.
Irgendwann von Deiner Familie.
Irgendwann fragte ich Dich nach den Narben auf Deiner Hand.
Irgendwann empfahlst Du mir Literatur.
Irgendwann durfte ich von Dir lesen.
Irgendwann Deine Handschrift sehen.
Und dann schenkte ich Dir einen Textmarker in kanariengelb und Du wusstest das zu würdigen, weil Du um ihre Besonderheit weißt; die meisten sind neongelb und kalt.
Durch all Deine Worte und all unsere Worte, die oberflächlichen wie die intimen, wurden wir zu Menschen.
Ich mag Dich. In meinem Leben. Bleib doch ein wenig länger als eine kleine Weile.

Exreflexion

Manchmal denke ich an dich,
Frage mich,
Wieso du so ganz aus meinem Leben gehen musstest.
Sie sagen, dass es schwierig ist, Freundschaft zu erhalten,
Wenn die Beziehung vorüber ist,
Wenn der Sex mit der Beziehung gegangen ist.
Vielleicht aber konnten wir keine Freunde bleiben,
Weil wir nie Freunde waren.
Vielleicht hat nur Leidenschaft, nur eine Ahnung von Liebe,
Uns zusammengehalten.

Lena

Sie war Austauschstudentin. Wir wohnten zusammen. Wir studierten beide Germanistik im ersten Semester. Sie war nur wenig größer und älter als ich. Wir verstanden uns vom ersten Augenblick an gut, aber wir erkannten erst viel später, wie ähnlich wir uns wirklich waren.

Abends saßen wir entweder in ihrem Zimmer oder in meinem, redeten, lernten, oft gingen wir spazieren unter Sternen. Wir hatten beide einen heimlichen Freund, den unsere Eltern nicht kannten und von dem sie auch nicht begeistert gewesen wären. Die Namen unserer Freunde begannen mit demselben Anfangsbuchstaben und sie wohnten in derselben Gegend. Trotzdem fuhren wir nie gemeinsam dorthin. Ihrer war etwa 10 Jahre älter, meiner ein halbes Jahr jünger als wir. Ihrer fuhr Porsche und meiner VW. Ihrer machte ihr teure Geschenke. Meiner schenkte mir Worte.
Nach einem Wochenende, das wir beide bei unseren anfangsbuchstabengleichen Freunden verbracht hatten, lag bei uns beiden Trennung in der Luft. Fast war es schön, fast romantisch, dies parallel zu erleben. Frustshopping. Gemeinsam weinen.

Dann erhielt sie Briefe. Viele Briefe. Ich fragte sie nicht. Erst als ihre Schreibtischschublade so voll war mit diesen Briefen, dass sie sie nicht mehr zubekam. Sie hatte jeden Brief sorgfältig geöffnet, einmal gelesen und in die Schublade gelegt. Sie schrieb nie zurück. „Liebesbriefe“, sagte sie. Zeigte mir einen. Herzallerliebst. Von einem Mann, der nach dem Herzen ihrer Eltern wäre, aber nicht nach ihrem. Der sich in ihren Anblick verliebt hatte, der sie bei sich haben wollte, ohne sie wirklich zu kennen.
Seine Beharrlichkeit beeindruckte mich.

Unsere Abendspaziergänge und gemeinsame Zeiten reduzierten sich drastisch.

Sie traf sich mehrmals mit ihm.
Er küsste sie.
Er machte ihr einen Heiratsantrag.
Sie lehnte ab.

Zur selben Zeit machte mir der Assistent meines Vaters ebenfalls einen Heiratsantrag. Wir hatten viel Zeit miteinander verbracht. Ich mochte sein Interesse an mir. Ich mochte ihn gegen meine Einsamkeit und gegen die Unbeständigkeit meiner Beziehung und meiner Freundschaft zu Lena. Er fand, wir würden zusammenpassen. Sein Heiratsantrag war dennoch absurd!
Ich lehnte ab.

Wir waren noch keine 20 und unsere Leben so unfassbar parallel in kleinen, absurden Details.
Nur eines unserer beider Leben wäre unglaubwürdig genug gewesen!
Ich konnte so gut mit ihr reden.
Jedoch ließen wir es immer mehr.
Zu unheimlich waren die Verschlungenheiten unserer Leben.

Schließlich musste sie zurück in das Land ihrer Staatsbürgerschaft.
Am Abend vorher saßen wir in ihrem Zimmer. Sie packte. Ich war traurig.
„Wir schreiben uns“, sagte sie. „Und wenn wir einmal heiraten, laden wir uns zur Hochzeit ein.“ Ein Grinsen. Und das Gefühl, schon genug Heiratsanträge und Herzschmerz erlebt zu haben.
Ich konnte sie nicht zum Zug bringen.
Wir schrieben uns vielleicht noch ein halbes Jahr lang Mails.
Dann gab es ihre Emailadresse nicht mehr.
Manchmal vermisse ich sie. Ich wüsste gerne, wie es ihr geht und wie ihr Leben weiterging. Aber vielleicht lebe ich es ja…

Bindung

Seit Jahren habe ich nichts von Dir gehört und nun stolperst Du wieder in mein Leben. Plötzlich stehst Du vor meiner Haustür, es ist schon später Abend, und bittest mich um einen Schlafplatz auf meiner Couch. Du siehst müde aus. Lebensmüde. Und dann liegen wir gemeinsam auf der Couch, Du hältst mich im Arm und es ist wie früher. Du nennst mich „Süße“. Du hältst mich so sicher, so stark, so geborgen. Reden willst Du nicht viel, brauchst nur meine Nähe. Ich träume. Davon, dass Du bleibst. Noch im Schlaf hältst Du mich und ich kann nicht aufhören, Dich zu betrachten. Es tut weh, dass Du so lange nicht bei mir gewesen bist – und mehr noch, dass Du bald wieder gehen wirst. Wirst Du Dich wieder wochen-, monate-, jahrelang nicht melden? Mein Herz schlägt wild. Du warst so jung, als wir uns kennenlernten. Deine Stimme war hoch und an Kinn und Wangen hattest Du noch keinen Flaum. Als Du gingst, sagtest Du, Du wolltest endlich leben und nicht mehr so viel nachdenken. Und es scheint, als hättest Du Dich ins Leben gestürzt. Jetzt bist Du hier und willst nichts sehen und hören, willst einfach nur schlafen, alles verschlafen. Ich bin wie Dein Anker: Liege immer viel zu tief unter den Wellen, viel zu weit weg von Sonne und Fun. Und halte Dich doch wie Du mich.