Die Linse der Kamera beobachtet uns. Starr blickt sie auf uns und wir bemühen uns, sie zu vergessen. Jede Minute schnappt sie und fängt uns ein.
Gerade gucke ich blöd und Du hast Dich aus dem Bild bewegt.
Ich versuche, entspannt zu gucken und mich natürlich zu benehmen. Meine Augen suchen immer wieder die Linse. Mit einem Klick friert sie mich ein und bescheinigt mir Unnatürlichkeit. Ich nehme das ganze Bild ein und von Dir ist vielleicht ein Kopfhaar zu sehen.
Ich lehne mich zurück. Blättere in einem Buch. Lege mich hin, setze mich wieder, spiele mit meinem Haar und kaue an einem Stift. Ich gucke nicht mehr in die Linse, sondern zu Dir. Du suchst ein Taschentuch. Und ich verdrehe den Stift in meinem Haar. Die Kamera schnappt in dem Moment, in dem ich Dich träumend anlächel.
Ich ziehe Dich zu mir. Vergrabe meine Hände in Deinem Haar. Du findest mich gestellt. Dabei vergrabe ich meine Finger oft in Deinem Haar. Du sagst, ich wolle ein Paarbild. Ich blicke Dich empört an und schiebe Dich weg. Mein Telefon klingelt. Wo ist es denn? Beim nächsten Auslösen der Kamera bin ich nicht im Bild. Allein ein grauer Schatten an der Wand zeugt von meiner Anwesenheit. Und von Dir fängt sie wieder nur Haare ein. Unten rechts.
Du blätterst in einer Zeitschrift und tippst auf deinem Smartphone herum. Du hörst Musik und bewegst Dich unbewußt im Takt. Deine Hand fährt durch Dein Haar. Die Wolken hinter dem Fenster teilen sich und ein kleiner Sonnenstrahl streift Dich beim nächsten Schnappschuss.
Ich springe auf Dich, werfe Dich um. Du bist erst böse, dann fängst Du mich auf. Ziehst mich an Dich und beginnst, mich zu küssen. Ich will reden, aber meine Lippen können sich nicht lösen. Ich will erzählen, aber Du läßt mich nicht los. Ich ergebe mich, gebe mich hin, kraule Deinen Kopf, während Deine Hände über meinen Rücken wandern. Du faßt mir unter mein Shirt und endlich läßt Du mir meine Lippen wieder und ich schmiege meinen Kopf an Deine Schulter. Die Kamera fängt unsere Hände und Haare ein. Wir sind ein wenig überbelichtet.
Es wird wieder Dunkel hinter den Fenstern. Regenwolken ziehen auf. Ich öffne ein Fenster. Ein Sommerwind pustet mir entgegen. Ich breite meine Arme aus und lege meinen Kopf in den Nacken. An die weißen Wände kleben sich Wolkenschatten. Ich lasse mich rückwärts fallen. Auf dem Bild sieht es aus, als würden die Schatten mich tragen.
Mich zieht es hinaus. Ich tanze im Regen und Du lehnst im Türrahmen und Du lachst. Deine Augen blitzen wie die Tropfen auf meiner Haut. Wir riechen Sommergras und Urlaub. Meine Füße platschen durch Pfützen. Du schaust mir zu und sagst: „Bitte bleib immer so.“ Und ich sage: „Du auch.“
Die Kamera blitzt auf ein leeres Bett, leere Schatten. Wenn man genau hinsieht, kann man den Stift auf dem Bett entdecken, mit dem ich mir vorhin die Haare verdreht habe.